Mit diesem Beitrag eröffnen wir eine ganz neue Kategorie hier auf unserem Dipworld-Blog: Die Kategorie Firmenwissen. Was sie mit diesem Wissen anfangen sollen? Nun, das bleibt natürlich ihnen überlassen, doch lohnt es sich garantiert, sich einige Geschichten, wie auch die über Hostess, zu Gemüte zu führen, was für viel Staunen und “Aha“-Erlebnisse sorgen wird. Viel Freude beim Lesen…
Beginnen wollen wir unsere neue Kategorie mit einem amerikanischen Urgestein…
Zurück gehen die Wurzeln der Hostess Inc. auf das Jahr 1905, als Ralph Leroy Nafziger
in Kansas City, Missouri, im Keller einer Kirche eine kleine Bäckerei mit Namen Nafziger Bakeries gründete. Diese konnte auch umgehend erste Erfolge feiern, sodass Nafziger kontinuierlich expandieren konnte, um 1925 seine 10 Backanlagen mit Purity Bakers fusionieren zu lassen. 1927 kaufte Nafziger sich eine Mehrheitsbeteiligung an der Schultze Baking Company, welche zu ihrer Zeit das berühmte “Butternut Bread“
herstellte. Schultze war bis dato die größte Einzelunternehmung in Chicago sowie in Illinois, was Nafziger einen Lichtsprung gleich nach vorne warf, um nach der Fusion der Schultze Baking mit 7 kleineren Bäckereien der Westküste 1930 die Interstate Bakeries Corporation
zu gründen. Damit war ein Meilenstein gelegt, welcher bis heute an der selben Stelle liegt. Doch das war tatsächlich gerade einmal der Anfang ein unvergleichlichen amerikanischen Erfolgsgeschichte, welche den Mythos des amerikanischen Traums sicher wie kaum ein zweiter befeuert hat. Denn damit war das Fundament für eine Unternehmung gelegt, welche mehr amerikanische Klassiker hervorbringen sollte wie Ford oder Pepsi.
Angefangen hat dies alles mit dem namentlich wohl bekanntesten Vertreter: Dem Cupcake! Denn diese produzierte die mit der IBC fusionierte Taggart Bakery schon Ende 1918, sodass am 11. Mai 1919 der erste industriell hergestellte und in Plastikfolie verpackte Cupcake verkauft wurde. Zwar gilt Hostess nicht zwingend als Namensgeber, doch etablierte sich dieser Name für die Kuchenform und durchdrang sowohl den englischen als auch den europäischen Sprachraum, obwohl es weitere 100 Jahre dauerte, bis dieser Begriff endgültig auch bei uns angekommen war. So gilt Hostess heute als Erfinder des Cupcakes. Und diesen kennt heute wirklich jeder, denn weltweit gibt es dafür jetzt unterschiedlichste Varianten, in Japan werden Cupcakes sogar nach traditionellen japanischen Rezept “moderniesiert“, also als Reiskuchen mit modernen Füllungen und Glasuren. Cupcakes sind also nicht mehr wegzudenken.
Sechs Jahre später sollte der nächste große Renner zum Sortiment dazustoßen. Denn mit dem Wonder Bread, einer Art süßem Weißbrot, was im Geschmack sehr an Rosinenbrötchen erinnert, war auch die Idee zu Hostess geboren, eine Art eigene Produktlinie der IBC für Törtchen und Küchlein. Und mit diesem zwar überschaubaren, aber dennoch sehr erfolgreichen Sortiment musterte sich die IBC schnell zur größten Industriebäckerei in den Staaten. Doch die eigentliche Erfolgsgeschichte sollte erst 1930 beginnen…
Denn seid ein paar Jahren arbeitete der eifrige und erfinderische James A. Dewar
als Bakery Manager bei der IBC. Eines Tages bemerkte er (und es muss ihm wie Schuppen aus den Augen gefallen sein), das doch recht viele Maschinen in Produktionspause gehen mussten, da sie teilweise sehr spezifisch und nur zur Herstellung einzelner Komponenten von Nöten waren. Und darin lag die eigentliche Genialität: Warum die Füllungsmaschinen nicht einfach mit diversen Füllungen versehen und somit viele neue anderer Küchlein entwickeln? Im speziellen ging es ihm um das “Strawberry Shortbread“, welches eben nur saisonal produziert werden konnte, da Erdbeeren nicht ganzjährig wachsen. Und so kam er auf die geniale Idee, der Maschine Bananen zur Füllung zu geben, welche mit einer Creme haltbar und verwendbar gemacht wurde. Diese wurde dann einfach in die Shortcakes eingespritzt und sollte eine wunderbare Kombination ergeben. Auf einer kurzen Fahrt zu einem Lieferanten verspeiste er gerade so ein neuentwickeltes Schätzchen, als er auf einer Reklametafel den letztendlichen Coup entdecken sollte: Denn dort wurde für einen Schuh geworben, den “Twinkle Toe Shoe“ – eine amerikanische Ikone, der Twinkie
war geboren.
Damit hatte die IBC im wahrsten Sinne des Wortes eine “Golden Sponge“-Ader getroffen, denn nun flossen Gewinne in Strömen, und das obwohl die große Depression gerade in vollem Gange war. Oder gerade weil, denn für einen Nickel (5cent) bekam man zwei in eine Folie “gewrappte“ Küchlein.
Umgerechnet sind das heute etwa 70 cent, sodass sich selbst in schlimmsten Zeiten jedermann einen Twinkie leisten konnte. Und das erklärt sich nicht nur durch seinen enorm hohen Zuckergehalt. Für die Amerikaner ist der Twinkie so etwas wie das zweischneidige Damoklesschwert, denn auf der einen Seite ist der Twinkie die wohl beliebteste Süßware, zum anderen gibt es kaum ein mit so vielen negativen Quärelen und Anhaftungen versehenes Produkt. Und doch hat sich diese kleine unwiderstehliche Versuchung bis heute gehalten und sogar aktuell zwei große Insolvenzen überlebt, auch wenn selbst die genialsten Wirtschaftsweisen der USA bis heute keine Ahnung haben, wie die einst größte Bäckerei nach 85 Jahren Bankrott gehen konnte. An der Firmenpolitik lag das wohl nicht. Vielleicht aber an einem der größten Streiks in der Geschichte? Wer weis das schon…
Neben den berühmten Cupcakes und Twinkies zählt Hostess Brand (vormals IBC, dann Continental, dann Hostess Brand) noch weitere Leckereien und Küchlein im Sortiment. So vor allen Suzi Q’s, Ho Hos, Ding Dongs , Zingers, Sno Balls und Donettes. Und diese ganzen fabelhaften Sorten erlebten zum Glück in den letzten zwei Jahren ein Revival, denn nach der großen Pleite von Hostess Ende 2012 war keine Rettung in Sicht. Bis sich die in Kanada ansässige Holding Vachon Inc. von Saputo Incorporated ein Herz fasste, und die Produktion der gesamten Linie von Hostess in Kanada übernahm. Und siehe da, seit dem alle Anteile in den Staaten verkauft wurden, entwickelt sich Hostess gerade wieder unter dem Dach der Hostess Brands, LLC zu einer erfolgreichen Aktiengesellschaft. Vielleicht wurde endlich das Potential für Übersee und den asiatischen Raum erkannt, denn nicht nur der Ami liebt Twinkies und Co, auch die Europäer kommen bald nicht mehr ohne aus. Eine sehr positive Entwicklung, wie wir finden, denn es gibt wirklich keinen Ersatz für Ding Dongs und Ho Hos, und das geht nun wirklich gar nicht! In diesem Sinne, Häng dich rein…